17.03.10

Bruder Tod

Ein vermessenes Gespräch. (2)

Tod, nichts kann uns halten, nichts kann uns tragen.
Kein Ding hat festen Stand.
Wesenlos sinken wir und stürzen unweigerlich
in deine auffangenden Arme, Tod ?
Oder sag' ich's vermessen heraus:
Auch du, Tod, deine Gestalt, ist ja nur ein Gespinst
des sich betrügenden Menschengeistes.
Am Ende ist doch das nüchterne Nichts.
Ist unser Sein nicht wie ein stillstehender Mittag des
heißen Südens. Man schließt die Tore.
Der Sklavin, die den Mühlstein gedreht,
ist in der Bewegung die Hand eingeschlafen.
Die Straßen der Stadt sind gestorben.
Über die Steppe schleppt sich die Heuschrecke.
Die Schlange platzt und wirft die Haut ab.
Das Seil am Schöpfrad des Lebensbrunnen reißt
und wir stürzen zur Tiefe, stürzen immerfort
und eiliger dem größeren Nichts entgegen.
Vergehendes, verinnendes Dasein!

. . . Eh' dem zerreißt das silberne Seil,
die goldene Schale springt,
der Krug an der Quelle zerscherbt,
in den Brunnen zertrümmert das Schöpfrad fällt
und der Staub zur Erde kehrt, so wie er war,
und der Odem zu GOTT kehrt, der ihn verlieh - - -

GOTT, nun fiel dein Name."Zu dir kehrt der Odem zurück!"
Wie konntest du uns so sinnlos schaffen,
oh GOTT! Verzeih' die vermessene Rede!
Aber ich will nicht ruhen und rasten,
bis Antwort mir werde.
Wie konntest du uns so sinnlos schaffen,
in die Nacht hinaus, ein Sein zum Tode,
eine matte Kerze, die im Sturme verlöscht,
ein Fraß den Würmer des Grabes!
Du Stümper GOTT, du kannst ja nicht sein!
Oder bist du auch nur ein Gespinst
des sich selbst betrügenden Menschengeistes,
ein verhüllender,
tröstlicher Name des Ni c h t s.

GOTT, soll ich nun stumm meinen Weg gehen,
erschlagen von deiner Größe?
Es ziemt ja dem Menschen nichts,
als in Asche und Staub zu verstummen vor dir.
Wenn du, ein großer GOTT, existierst,
der alles durchwaltet, erhält und erschafft,
dann weiß ich, das selbst der Tod nicht sinnlos ist vor dir.

Doch weil ich nun schon so vermessen bin,
so hör' noch dies neue vermessene Wort!

Warum erschufst du den Menschen zum T o d e?
Du kannst nicht der GOTT sein,
wie ihn die Christen verehren, ein GOTT der Liebe!
Du bist ein herzloser GOTT, der fühllos erwürgt und zertritt.
Ihr törichten Mütter, ihr glaubt,
ihr trüget das Leben im Schoß und traget den Tod.
Fürs Grab gebäret ihr all eure Kinder.
Oh gräßlicher Wahnsinn des Lebens!
Oh wahnsinniger GOTT, der solches erschuf!

Doch nein! nicht so!
Ich muß wieder zu deinem Buche greifen,
zu jenen ersten Seiten des Anfanges.
Die Quellen sind reiner, da sie der staubige Fuß
der Unzähligen noch nicht trübte.
Noch waren die Berge nicht und die Täler,
noch die Hügel und die Tiefen des Meeres.
Nur du warst da vor allem Anfang,
du allein, eines und alles!
Doch dann tratst du heraus aus dir, weil du gut warst,
und schufst einen Anfang und ein Ende,
einen Aufgang und einen Untergang.
Denn alles, was außer dir ist,
hat nun einen Morgen und einen Abend,
ein Geborgenwerden und Sterben.
Doch Qual war nicht in deiner Schöpfung.
Denn als du dein Werk vollendet,
da sahest du und es war s e h r g u t . . .

Gott! So hast du den Anfang gemacht. das große Beginnen
dieser Welt. Noch hat der Mensch nicht den Schritt getan,
jenen ersten, auf den die Mutter unfaßlich sich freut; noch
steht unberührt der Baum der Erkenntnis des Guten und
Bösen und der Baum des Lebens.

Alles, alles sollte des Menschen werden. Nicht das er stürbe,
erschufest du ihn, sondern das er Herrscher und König sei
deiner Schöpfung. Doch in deiner Vornehmheit, Oh GOTT,
wolltest du den Mensche nicht zwingen, deine Gaben auch
anzunehmen. Selbst in deinem Gutsein und Schenken bist
du unsagbar vornehm und läßt dem Menschen die Freiheit,
zu nehmen und abzuweisen. Oh dieses Freilassen GOTTes!
Wie schwer läßt die Mutter das Kind von sich gehen, weil
sie weiß, daß es jeden Tag ihr entwächst. Oh der Ehrfurcht
GOTTes vor dem Menschen und seines Vertauens auf ihn!

Darum schufst du den Menschen für die Entscheidung.
Für welche E n t s c h e i d u n g ?
Zwischen dir zu wählen und wem noch?
Hast du denn gar einen Gegner,
den man erwählen könnte und glücklich sein?
Du, der du alles bist?
Fällt der Mensch nicht in das N i c h t s,
wenn er dich nicht wählt?
Hinunter in wesenlosen T o d ?

Nicht Drohung ist es von dir, dass du den Tod als Wächter
zum Baum des Lebens stelltest: "An dem Tage du davon
ißest, bist du dem Tode verfallen!" - Es kann gar nicht
anders sein. Bei dir und deinem Willen ist Leben ohne Maß,
wider dich nur Tod.

Die ersten Menschen jedoch verstanden es nicht, wie
Kinder etwas nicht verstehen, wenn große Leute reden.
So gingen sie in den Tag und spielten im Garten der
Wonne und GOTT lustwandelte mit ihnen beim Hauche
des Windes am Mittag.

. . . Die Schlange jedoch war listiger als alle Tiere des Feldes
die GOTT der Herr gemacht hat . . .
. . . Denn Staub bist du und zum Staube kehrst du zurück!
{Hl. Schrift des Alten Bundes, Genesis 1.-3. Kapitel}

Tod, nun kenne ich dein Antlitz.
Oh weh' der zerbrochenenSchale!
Oh weh' des verlorenen Glücks!
Tod, du bist der Sünde verschwistert und dem Teufel!
Sünde, Tod und Teufel, du höllische Dreiheit.
Oh Gottlosigkeit des Menschen!

Tod, satanisch ist dein Antlitz!
Nicht Freund bist du den Menschen,
sondern ihr Neider und Hasser.
Nicht ruhst du, bist du alle mit deiner
knöchernen Faust in den Staub gedrückt.
"GOTT hat den Tod nicht gewollt,
sondern durch den Neid der Schlange
und der Sünde des Menschen kam er in die Welt."

Gott! ich beginne es zu erahnen
das sterbend es Licht werden kann.
Wir sind durch die Sünde von dir "weggestorben" Oh GOTT.
Könnt es nicht sein, dass wir,
GOTT, wieder zu dir heimsterben?

Quelle: Bruder Tod, ein vermessenes Gespräch.
Von DDr. Claus Schedl.

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